Le Deuxième Sexe
"Das andere Geschlecht" hieß das Buch von Simone de Beauvoir, das 1949 erschien und für Aufsehen sorgte. Auf französisch hieß es übrigens "Le Deuxième Sexe", also "das zweite Geschlecht" und den Titel hat Simone de Beauvoir nicht zufällig gewählt. Seit dem hat sich Vieles für Frauen zum Besseren verändert, aber über das weibliche Geschlecht muss wohl weiterhin ständig gesprochen und geschrieben werden; und sei es nur über zu viel oder zu wenig Kleidung, wie zurzeit aktuell.
Ich war früher alles andere als eine bekennende Feministin und ich sehe mich auch heute nicht als eine solche. Aber ich rede inzwischen viel über Frauen; mit Frauen und mit Männern. Ein Freund und Frauenfreund sagte mir kürzlich bei einer Diskussion: "Ich halte den Feminismus für notwendig; aber die Richtung scheint mir manchmal falsch. Statt sich an Männern und Aufsichtsratsmandaten zu orientieren, sollten Frauen das Ur-Weibliche stärken." Ich fühlte, das traf den Kern und ich sehe die inzwischen berühmt-berüchtigte Quoten-Frau nur als Kosmetik im Spektrum der Frauen-Probleme; nicht geeignet, das Weibliche stärker zu machen.
Ich bin eine Frau, die über lange Jahre eine klassische Frauen-Rolle lebte und diese wenig hinterfragte; ich war Mutter und Ehefrau. Irgendwann waren aber meine Kinder erwachsen und ich fiel in ein tiefes Loch. Da stand ich nun also - gar nicht so plötzlich - vor dieser gefürchteten Frage, vor der viele Frauen in diesem Lebensalter stehen: Und nun?
Durch mein Haufrauen-Dasein war ich lange Jahre „raus aus der Welt“, hatte mich selbst über die vielen Jahre herausgezogen und stand nun vor einer unbekannten Welt, die mir Angst einjagte. Mein Resümee zeigte klar, dass dieser Lebensabschnitt vorbei war, dass meine Ehe keine glückliche mehr war, dazu war ich inzwischen auch gesundheitlich angegriffen, ich war unglücklich und sah mich ohne jede Perspektive. Mein Selbstbewusstsein war völlig im Keller; keine prickelnde Voraussetzung für einen Neustart. Ich hatte das Glück, einem klugen Menschen zu begegnen, der mir half und mich bestärkte, mich schrittweise aus meinem Sumpf zu ziehen.
Was ich wollte, suchte und brauchte war einen eigenen Weg für mich zu finden; der sollte, musste zugleich ein weiblicher Weg sein. Dabei tauchten lange vernachlässigte Fragen nach meinen wirklichen Bedürfnissen, Wünschen und Fähigkeiten auf. Unausweichlich gehört aber auch dazu, was sind meine größten Defizite, was ist zu stärken und zu entwickeln? Ich sah parallel nach weiblichen Vorbildern und suchte nach Beispielen. Wie machen das andere Frauen, wie ist das Frau-Sein für sie?
Was ist denn nun weiblich oder gar ur-weiblich werden Sie vielleicht fragen und die Antwort ist einfach und vielleicht im ersten Moment so naheliegend wie enttäuschend. Ich kenne aus eigenem Erleben diesen innigen Kinderwunsch, der weit mehr als ein bloßer Wunsch ist. Ihn sehe ich heute als tiefsitzende, urweibliche Sehnsucht, die der Großteil der Frauen deutlich und je nach Alter mehr oder weniger dringlich empfindet. Das wussten Frauen zwar immer schon, aber inzwischen war auch ein anderer Wunsch geweckt worden, nämlich "draußen in der Welt" ebenfalls eine Rolle zu spielen. Und nicht nur die einer braven Zuträgerin. Noch ganz jung ist die Mode über Mütter zu reden und zu schreiben, die ihre Mutterschaft bedauern. Es mag sein, dass das für eine kleine Minderheit tatsächlich gilt. Aber ich habe den Eindruck, dass es eher ein weiterer Versuch ist, Frauen einen Weg außerhalb von Kindern schmackhaft zu machen. Wer den Kinderwunsch der Frau nicht als so bedeutend ansieht, wie er offensichtlich ist, verkennt die Gefühlslage der Frauen. Wer sie mit Vehemenz die Karriereleiter hochjagt, wer ihnen bedeutet, sie sollten es machen wie Männer, vielleicht sogar noch mit mehr Anstrengung als die Männer, der wird nicht ihre Bedürfnisse erfüllen.
Um nun aber nicht missverstanden zu werden. Jede Frau muss wissen, ihre Rolle als Mutter ist zeitlich beschränkt. Wer sich in diese mit einer Begeisterung hereinsteigert, als gäbe es kein morgen, wird eines Tages erwachen wie ich. Ausbildung, Berufsaufbau und Planung für die Zeit nach den Kindern ist Voraussetzung für ein erfülltes Frauenleben, in dem Kind und Beruf einen ähnlich wichtigen Platz einnehmen. Wichtig ist in dem Zusammenhang, genau zu überlegen, wie lange sich eine Frau ihren Kindern widmen will. Nach meiner Erfahrung kann ich sagen, 20 Jahre müssen es jedenfalls nicht sein.
Als ich begann, mich nach und nach wieder in die Arbeitswelt einzugliedern, war ich enttäuscht, wie Frauen als Kolleginnen miteinander umgehen. Nichts war zu spüren von weiblicher Solidarität. Neid und Missgunst waren um keinen Deut besser, als das was mir Männer erzählten über ihre Karriere-Rangelei. Und mir wurde klar, auch das ist ein Thema, das unter Frauen angesprochen und diskutiert werden müsste.
Inzwischen führ(t)e ich zahlreiche Gespräche mit Frauen, in denen sich mehr und mehr herauskristallisiert(e), dass meine Probleme keineswegs nur individuell sind. Es sind Probleme, mit denen sehr viele Frauen zu tun und zu kämpfen haben. Aber es gibt noch einige mehr davon: Viele Frauen haben Minderwertigkeitsgefühle, ohne so recht erklären zu können, woher sie kommen. Oder sie spielen Rollen in unterschiedlichen Lebenssituationen, oft mit großer Virtuosität, weil sie meinen, sie müssten sich so verhalten. Was aber bedeutet, dass Gefühle verdrängt werden, die dort nicht herein passen. Das Denken von Frauen ist sehr stark mit ihren Gefühlen verknüpft. Manchmal habe ich sogar den Verdacht, dass das Denken von den Gefühlen gesteuert wird. Objektives, analytischens Denken abzugrenzen von den Gefühlen scheint nicht nur für mich schwierig.
Latente Unsicherheit über das was für sie gut ist, führt außerdem dazu, dass sich Frauen nach Regeln richten, die sie ohne zu hinterfragen als „elementar“ betrachten, als „sei das halt so". Sie werden befolgt, oder - was nur die andere Seite der Medaille ist – von manchen rebellisch bekämpft und gerade das Gegenteil davon getan.
Über all das und über noch viel mehr würde ich mich gerne austauschen, mit Frauen und Männern. Undogmatisch und unideologisch, ohne dass Meinungen gleich im Ansatz in Grund und Boden gestampft werden, weil sie vielleicht nicht gerade dem derzeitigen Stand des feministischen Mainstreams entsprechen. Ich finde es an der Zeit, das zu tun, offen und ehrlich und deshalb versuche ich, auf meiner Homepage einen Raum dafür zu schaffen.
Zusätzlich werde ich hier eine Liste interessanter Frauen-Literatur, Zeitungsartikel und ähnlichem erstellen und weiterhin Gespräche und Interviews mit Frauen führen.