Susie Bauer: Kunst und Leben

 

Ein Interview mit Susi Bauer

 

 

 

 

Susie Bauer betreibt gemeinsam mit Klaus Bursy den Laden “Kunst und Rahmen” in der Stuttgarter Straße 1. Sie ist Künstlerin, Geschäftsfrau  und Mutter zweier Kinder.

 

Es liegt nahe Frau Bauer, Sie zu fragen, wie sich das alles vereinbaren lässt?

Irgendwie lässt es sich immer vereinbaren. Man muss aber ständig einen genauen Organisationsplan aufstellen. Und dem hinkt man immer hinterher. Im Laden wissen wir nie so genau, wieviel Arbeit kommt. Hohe Flexibilität ist also erforderlich.

 

Sie jonglieren mit mehreren Bällen gleichzeitig. Fällt manchmal auch einer herunter?

Ach Gott! Ja, ständig – täglich drei mal.

 

Beleuchten wir Ihr “Multitasking” im Einzelnen:
Was bieten Sie in Ihrem Laden an Leistungen und Dienstleistungen an?

Kunst und Rahmen spricht für sich. Die Kunden bringen ihre eigenen Bilder mit, lassen sich von uns beraten und wir fertigen dann die passenden Rahmen. Was sehr zeitintensiv ist, weil jedes Bild individuell behandelt werden muss. Unsere Kunden sind zu fast hundert Prozent zufrieden – das macht uns sehr glücklich.
Sie sind meist an Kunst interessiert, deshalb kommt es häufig zu interessanten Gesprächen mit Leuten, die auch selbst Kunst machen. Wir haben nun begonnen, bei uns auszustellen und es soll in Zukunft wechselnde Ausstellungen hier im Laden geben.

 

Sie sehen sich wahrscheinlich in erster Linie als Künstlerin. Gibt es eine Botschaft, die Sie mit ihrer Kunst transportieren wollen?

Kunst bedeutet für mich nicht, dekorativ die Wohnzimmerwände zu füllen, sondern ein Interessengebiet für mich zu öffnen.
Ich habe mich mit bestimmten Formen beschäftigt – besonders mit der Steinform. Aus der Steinform hat sich ein weiterer Archetyp entwickelt – das war das Schiff – ein Schiffsbug. Das ist für mich das Symbol dafür, was ich eigentlich sagen will mit meiner Kunst:
Wir sind nicht hier auf der Welt, um Reichtümer anzuhäufen, sondern jeder hat eine Aufgabe zu erfüllen. Das kann ich gut festmachen an dem Boot, das ich “time-ship”, also Zeitenschiff nenne. Alles ändert sich, nur die Zeit geht unweigerlich und kontinuierlich weiter. Denkt man einmal nicht im menschlichen Zeitrahmen von vielleicht siebzig Jahren, sondern in einem von siebentausend Jahren, dann wird schnell klar, alles war wir gebaut haben, wird wieder zurückkehren zur Natur. An diesem Stein mache ich den Kreislauf des Lebens fest, denn der Stein kommt aus der Erde, wird vom Menschen behauen, geht so in eine geometrische Form über, die man braucht, um Gebäude zu erstellen und geht nach seiner Zeit wieder zurück in die Natur.
Das ist die Botschaft: Dass wir hier nur in einer Durchgangsstation leben- und in der Zeit gilt es sinnvoll etwas zu tun, eigene Wünsche und Pläne nicht auf später zu verschieben, sondern jetzt, spätestens morgen damit zu beginnen. Es geht aber nicht nur um die eigene Verwirklichung, sondern auch um die der anderen. Denn wir leben alle in einem großen Seelenverbund.
Deshalb sind mir auch Projekte in Schulen und Behinderteneinrichtungen wichtig. Dort steht meist kein Leistungsanspruch im Mittelpunkt, sondern da ist Kunst ein Mittel, um sich überhaupt ausdrücken zu können. Die Kunst macht die Energie, die da ist, auch für andere sichtbar.

 

 

 

 

 

 

Was ist zur Zeit Ihr wichtigstes Projekt?

Das gibt es so nicht. Es ist immer das wichtig, was gerade ansteht.
Aber wenn man so will, dann ist mein Projekt die Stadt Neckarsulm; dort etwas anzustoßen.
Ich kenne sehr viele Leute durch die Malkurse und Projekte, und Klaus Bursy macht Musik – und Musik ist der direkte Königsweg zur Seele – dabei kann man sehen, dass die Menschen hier zwar alle froh sind um ihre Jobs und ihre Häuser – und wir können ja alle froh sein, dass es hier so ist wie es ist; aber ich habe trotzdem das Gefühl, es fehlt ein bisschen etwas. Und das ist das Unperfekte.
Deshalb habe ich in der letzten Bürgerbefragung in Neckarsulm etwas angestoßen. Da ging es um die Frage, wie soll sich Neckarsulm entwickeln bis 2030. Dass wir etwas brauchen, das diesem perfekten, organisierten, zu hundert Prozent Durchdachten entgegen wirkt. Eine Plattform, wo selbst gestaltet werden kann in den verschiedensten Bereichen.
Es soll kein Künstlerhaus oder etwas in der Art entstehen, sondern eine Plattform für jederman, wo man sich vernetzen kann, wo man etwas findet, was man allein nicht stemmen kann. Ähnlich dem Unperfekthaus in Essen. Es soll hier keine Kopie dessen entstehen – aber es zeigt, was ich in etwa meine.

 

Sie trugen die Idee eines Unperfekthaus für Neckarsulm auf der Bürgerbesprechung vor. Was für Reaktionen gab es darauf?

Es wurde kontrovers diskutiert; es gab Gegenstimmen und wir – ich habe in der Sache auch schon einige Mitstreiter – konnten gut argumentieren. Anhand der Reaktionen hatte ich das Gefühl, dass die Zustimmung 90 zu 10 auf unserer Seite war.
Bis tatsächlich so etwas entstehen kann, ist es noch ein weiter Weg. Es ist wie in jedem künstlerischen Prozess, alles fängt mit einer Idee an – aber, um mit Herrmann Hesse zu sprechen: Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne. Zu Beginn scheint es unmöglich, und am Ende kommt doch etwas heraus.
Im Moment versuche ich die Idee zu implantieren, es wird sich zeigen, ob daraus etwas wachsen kann.

 

Sie haben zwei Kinder, eine 16-jährige Tochter und einen 22-jährigen Sohn. Spielen sie in diesem Konzert mit eine Rolle oder ist es für Sie eine Aufgabe, die mit den ersten beiden nichts zu tun hat?

Ich habe nie etwas anderes als Kunst gemacht – obwohl ich Kinder hatte. Seit ich Mutter bin, war es oft ein Fahren mit angezogener Handbremse.
Der Große studiert und es sind nur noch ein paar Jährchen, dann habe ich die Versorgerrolle hinter mir.
Als sie noch klein waren, hatten sie Priorität – da habe ich dann nachts gemalt und bin keiner Kompliziertheit ausgewichen, um alles zu organisieren. Jetzt wird es von Jahr zu Jahr besser.

Das ist die gläserne Decke der Frau. Durch die kommt man nicht so leicht, weil “frau” diese Rolle hat und die kann man auch niemandem abtreten. Sie hat man von Natur aus. Jeder der so etwas macht, weiß, dass das eine ganz schwierige Zeit ist, beides zu vereinen. Aber ich kann trotzdem nur empfehlen es zu tun. Denn irgendwann sind die Kinder aus dem Haus und dann ist es notwendig, dass auch noch anderes Wichtiges da ist. Sonst ist das Loch sehr tief, in das man fällt.

Danke, Frau Bauer, für das Gespräch.

Petra Müller - Fotografieren mit Gefühl 0